Spargel, Bier und Wolfgang Petry - das sind die 3 Dinge, die ich NICHT mit auf eine einsame Insel nehmen würde. Trotzdem hab ich mich zum ersten Mal in meinem Leben auf eine deutsche Spargelparty begeben. Ein Erfahrungsprotokoll.
18:15 Uhr
Ankunft am Lokal. Meine beiden Kompagnons Emma und Temi warten schon auf mich. Sie sind nicht zu übersehen. Wir sind nicht zu übersehen. Obwohl bisher nur ein paar der Gäste eingetroffen sind, ist schon ersichtlich, dass eine Spargelparty eine seeeehr deutsche Angelegenheit ist.
18:36 Uhr
Die ersten 3 Biere erreichen unseren Tisch, und beim ersten Schluck denke ich: In Italien kriegst du im noblen Sternerestaurant in Mailand und in der heruntergekommensten Kaschemme in Neapel immer einen perfekten Espresso. In Deutschland ist das genauso, aber mit Bier. Immer on the point gekühlt, perfekt perlig und die Krone sitzt wie ne eins. Mamma Bia!
18:47 Uhr
Der Raum füllt sich. Immer mehr, mal mehr mal weniger, angeheiterte Gäste begeben sich an ihre Tische. Die Stimmung ist gut, die Gespräche sind ausgelassen.Ein junger Mann sticht besonders hervor. Er hat diesen Alkoholpegel erreicht, bei dem wirklich jeder sieht, wie betrunken er ist, außer er selbst. Tobias, du bist mindestens 20cm zu nah an Angelikas Gesicht!
19:02 Uhr
Der in Lederhosen gekleidete Kellner grüßt uns mit einem typisch bayerischen „Moin!“ und serviert uns den ersten Gang: Spargelcremesuppe. Ein Blick auf Chefkoch.de verrät: Eine klassische Vorspeise in der Spargelzeit, weil man hier die harten, ungeniessbaren Spargelenden verwertet. German Engineering.
19:41 Uhr
Eine Reihe von keck gekleideten Damen mit weißen Blusen, hellblauen Jeans und weißen Sneakers stehen plötzlich in einer geordneten Schlange vor einem Tisch. Ich glaube, das Buffet ist eröffnet. Es besteht aus mehreren beheizten Edelstahlbehältern: Schinken, Schnitzel, Lachs, Kartoffeln, Hollandaise-Sauce und natürlich haufenweise Spargel.
20:02 Uhr
Mein erster Spargelbiss. Frisch, leicht butterig, nicht zu hart und nicht zu weichgekocht. Einfach perfekt. Mir fällt, wie jedes Jahr in dieser Zeit, mal wieder ein, wie sehr ich Spargel liebe. Auch die Kartoffeln und der Lachs sind erstaunlich gut.Nochmal drei Bier bitte!
20:28 Uhr
Plötzlich ein lauter, schriller Ton aus den Lautsprechern an der Tanzfläche. DJ Manni macht sich bereit für seinen großen Auftritt. Er versprüht LKW-Vibes: um die 50 Jahre, stabil gebaut, schwarze Cappy, schwarzes Sweatshirt. Das Mikrofon greift er fein mit seinen Fingerkuppen und hält es sehr nah an den Mund: Eins zwo, eins zwo. Aus LKW-Vibes werden Freimarkt-Vibes: Okaaaay let’s go...
20:47 Uhr
Der erste Song wird angespielt: Verlieben, verloren, vergessen, verzeih’n, verdammt war ich glücklich, verdammt war ich frei. Ich bin erstaunt über mich selbst, dass ich den Text auswendig kenne. Aufgezwungene Integration.
20:57 Uhr
Um die Tanzfläche herum bildet sich eine schüchterne Menge. Plötzlich ein Handgemenge in den hinteren Reihen. Mein erster reflexartiger (rassistisch angehauchter) Gedanke: Haben sich doch mehr von uns unter die Menge gemischt und tragen jetzt ihre Hahnenkämpfe aus? Entwarnung. Der frisch gekrönte Spargelkönig und die Spargelkönigin werden zum ersten Spargeltanz animiert. Der Spargeltarzan und -könig sieht aus wie der IT-Fachangestellte der Gruppe, Mitte 40,Brille, Halbglatze und schüchtern wie ein 15-jähriger.
21:00 Uhr
Auf die Minute genau beginnt der dritte Tagesordnungspunkt: Ausgelassene Party.Das Spargelkönigspaar schwingt die Hüften zu Wolfgang Petry. Mit dem zweiten Song animiert DJ Manni die restliche, schon nervös mit den weißen Sneakers wippende Menge auf die Tanzfläche zu kommen. Und dann geht’s richtig ab.
21:34 Uhr
Die Party ist im vollen Gange. Und ich mitten drin: Marmor, Stein und Eisen bricht...Hör gut zu, du bist mein Glück...Denn ich lieb' mich bei dir, ich lieb' mich an dir, Ich lieb' mich in dir fest. Die Playlist ist ein dunkles, weggesperrtes und vergessenes Verlies meiner Seele, dessen Tür DJ Manni an diesem Abend findet und öffnet.
22:06 Uhr
Und dann, natürlich, als wenn der DJ und die Partycrowd den ganzen Abend darauf hingearbeitet haben, kulminiert alles in einem Song, der die Nation spaltet wie eine Pizza Hawaii. Ein Lied, das es schafft, in nur 4 Wörtern alle Zündstoff-Themen Deutschlands zu vereinen: Rassismus und Sexismus garniert mit einer Prise Pädophilie: Layla, hübscher, jünger, geiler. Es bricht eine allgemeine Ich-finde-den-Song-eigentlich—scheisse-aber-ich-lasse-ihn-mir-nicht-verbieten-Euphorie aus. That escalated quickly.
22:17 Uhr
Die Musik wird normaler, die Crowd wird betrunkener und wir merken: Es ist Zeit, zugehen. Mein Resümee: An deutsche Partys werde ich mich niemals gewöhnen. Deutscher Spargel hingegen ist eins der leckersten Essen der Welt. Und vielleicht gehört ja auch beides unzertrennlich zusammen. Nicht umsonst heiß ein bekanntes deutsches Sprichwort: Wer Spargel isst, der sündigt nicht.
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