"Manchmal ist ein bisschen Stolz angebracht"

von
Interview
Jan 1, 2025

Wer noch auf der Suche nach einem Neujahrsmotto ist, kann aufhören zu scrollen. Im Interview mit der Senatorin für Umwelt, Klima und Wissenschaft Kathrin Moosdorf erfahrt ihr, weshalb Bremen und Bio absolut matchen. Und wieso gerade jetzt ein idealer Zeitpunkt ist, um in einen neuen Bio-Rhythmus zu kommen.

Bremen ist jetzt offiziell „Bio-Stadt Europas 2024“. Wie stolz waren Sie, als Sie vom Gewinn erfahren haben?

Ich bin sehr stolz auf diese Auszeichnung. Nachdem Bremen bereits 2023 von der Europäischen Kommission als Finalist ausgezeichnet wurde, durfte ich den Preis 2024 persönlich in Brüssel entgegennehmen, das war ein sehr besonderer Moment. Für die Stadtgemeinde Bremen ist dieser Preis eine Wertschätzung des Engagements der vielen Akteur:innen, die Bremen erst zur BioStadt gemacht haben. Zahlreiche Bremerinnen und Bremer setzen sie sich für ein nachhaltiges Ernährungssystem in unserer Region ein. Viele Menschen in Küchen, auf Feldern, an ihren Arbeitsplätzen und in ihrem Privatleben zeigen seit Jahren, dass Bremen eine BioStadt ist.


Was bedeutet es für das Image Bremens, jetzt als Vorreiterin für Nachhaltigkeit und Bio-Lebensmittel in Europa zu gelten und sich im Wettbewerb gegen Projekte aus Madrid oder Lissabon behauptet zu haben?  

Ich weiß, die Norddeutschen sind für Ihre Bescheidenheit bekannt. Aber manchmal ist ein bisschen Stolz durchaus angebracht. Die Finalisten in diesem Jahr hatten alle beeindruckende Konzepte vorzuweisen. Zudem sind Madrid und Lissabon große Metropolen, doch Bremen hat die Jury mit seinem Engagement überzeugen können. Wir können stolz sein auf die Auszeichnung. Doch das ist natürlich kein Grund, die Hände in den Schoß zu legen. Mein Ressort arbeitet täglich daran, noch mehr Menschen für eine nachhaltige Ernährung zu begeistern.


Was sind die nächsten Schritte, um sicherzustellen, dass das nicht nur ein kurzer Trend ist? Wo sehen Sie Bremen in fünf Jahren?

Ein wichtiger Baustein für die kommenden fünf Jahre wird die Ernährungsstrategie für das Land Bremen sein. Die Ernährungsstrategie soll das „Dach“ über allen in Bremen bestehenden Beschlüssen, Strategien und Fördermaßnahmen zum Thema Ernährung bilden und im Jahr 2025 ressortübergreifend entwickelt werden. In diesem Bereich passiert bereits ganz viel in Bremen, das wollen wir nutzen und zusammen weitere Maßnahmen erarbeiten, die ein gesundes, sozial gerechtes und leckeres Aufwachsen und Leben in Bremen ermöglichen.


Was war Ihr persönlicher Lieblingsmoment auf dem bisherigen Weg?

Da kann ich mich kaum festlegen. Ich erinnere mich gerne an die Eröffnung des Forum Küche, weil das ein wichtiger Meilenstein für den Wandel des Ernährungssystems war. Aber Ernährung hat auch immer etwas mit Zubereitung zu tun. Deshalb erinnere ich mich gerne an Moment, in denen gesunde Ernährung wirklich greifbar wurde. Ich denke dabei an die Eröffnung der BioBackstube im Dezember. Ein tolles Projekt, bei dem Kindergarten- und Schulkinder Bio-Kekse backen und gleichzeitig etwas über den Anbau und die Herkunft der Zutaten lernen. Der Verein Sozialökologie e.V. ist da federführend und das Projekt wird von der BioStadt Bremen gefördert. Da war ordentlich was los in der Küche.

Etwas weniger wuselig aber genauso spannend ging es beim Live-Kochen auf dem jährlichen BioMarktFest im Oktober zu. Dort durfte ich auf der Bühne ein Risotto mit geschmortem Kürbis und krossen Palmkohlblättern kochen. Das kam so gut an, dass die Kinder nach einer zweiten Portion gefragt haben und die Eltern unbedingt das Rezept haben wollten. Natürlich haben wir das gerne rausgegeben, denn genau darum geht es bei diesen Projekten: Wir möchten Groß und Klein für eine regionale und gute Ernährung begeistern.


Ihr Ziel: Mehr Bio in Kitas und Schulen. Aber bei den knappen städtischen Mitteln – können wir uns das wirklich leisten?

Aus den Erfahrungen in Kopenhagen mit dem „House of Food“ haben wir gelernt, dass ein Bio-Anteil von 100 Prozent ohne zusätzliche Kosten erreicht werden kann. Ein Wandel gelingt natürlich nur durch die Entwicklung eines ausbalancierten Speiseplans und den Einsatz saisonaler Lebensmittel. Im Jahr 2018 haben wir genau das mit dem Aktionsplan 2025 auf den Weg gebracht, das Forum Küche unterstützt als Kompetenzzentrum für nachhaltige Ernährung bei diesem Prozess.

Bio klingt immer nach Luxus. Was sagen Sie Menschen, die meinen, das sei nur etwas für Gutverdiener:innen?

Grundsätzlich sollten gesunde Ernährung und auch biologische Lebensmittel kein Luxus sein. In der Gemeinschaftsverpflegung bekommt jedes Kind, unabhängig vom Verdienst der Eltern, ein gesundes und leckeres Mittagessen. Der Aktionsplan 2025 sieht vor, dass die Umstellung der Mahlzeiten in Kindergärten und Schulen aufwandsneutral erfolgen soll. Dabei gilt die Aufwandsneutralität für die Kostenbeiträge der Eltern.

Immer mehr Menschen in Deutschland leiden an Adipositas. Wie kann die Arbeit der BioStadt Bremen dazu beitragen, dass sich das ändert? Und wie kommt man an die Menschen ran, die gar nicht an gesunde Ernährung denken?

Die Gesundheitsfolgekosten bei ungesunder Ernährung sind ein wichtiges Thema für die Arbeit der BioStadt Bremen. Die Gemeinschaftsverpflegung kann neben der Umstellung der Speisepläne auch einen positiven Einfluss auf die soziale Teilhabe und die Ernährungsbildung erfüllen. Gutes Essen ist also auch eine Frage von Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Wenn Kinder beginnen, Ernährungsgewohnheiten zu hinterfragen und mehr über wichtige Nährstoffe und gesunde Ernährung lernen, ist das ein großer Gewinn. Wir geben ihnen so das Wissen über und die Wertschätzung für eine gesunde Ernährung an die Hand.

Die BioStadt Bremen trägt zudem durch Verbraucherinformationen und Kampagnen wie dem Bio-Januar zu einem Bewusstsein über gesunde und nachhaltige Ernährung bei. Auf diese Weise reicht der Hebel der Gemeinschaftsverpflegung bis in die Bremer Haushalte. Das Kompetenzzentrum „Forum Küche“ bietet schon jetzt Angebote für Küchenleiter:innen an und soll langfristig auch Verbraucher:innen in den Blick nehmen. Um Menschen zu erreichen, die noch nicht an gesunde Ernährung denken, sind wir bereits jetzt im Austausch mit diversen Akteuren in Bremen.


Ihre tägliche Arbeit ist gewiss sehr stressig und manchmal auch besonders fordernd. Greifen Sie da nicht auch mal zu Cola und Schokolade - oder was sind ihre "Guilty pleasures"?

Wenn es einmal besonders stressig wird, weiß ich, wo meine Kolleginnen aus der Pressestelle ihren Schokoladenvorrat verstecken. Zum Glück kommt es nicht so oft vor, dass ich daran muss.

Wir befinden uns gerade beim Start unserer 30-Tage-Bio-Challenge. Haben Sie Tipps für uns, wie die Bio-Challenge leichter gelingen kann?

Bei der Umstellung im privaten Konsum gibt es Parallelen zur Umstellung in der Gemeinschaftsverpflegung. Wichtig wird ein ausbalancierter, regionaler und saisonaler Speiseplan sein. Es braucht also ein bisschen Planung. Außerdem kann eine pflanzenbetonte Ernährung bei der Challenge helfen. Profitieren können Sie dabei vom zeitgleich stattfindenden „Veganuary“, der sicher eine gute Inspiration ist. Wenn es Milch- oder Fleischprodukte sein sollen, hat das Land Bremen auch einiges zu bieten. Mehr als 80 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Fläche werden als Grünland bewirtschaftet. Ich bin sicher, dass Sie das schaffen – immerhin leben Sie in der besten Bio-Stadt Europas.

Zum Abschluss: Haben Sie ein Bio-Lieblingsrezept, das unsere Leser:innen nachkochen können?

Ich habe ja schon von dem leckeren Rezept berichtet, dass ich beim BioMarktFest 2024 auf der Bühne zubereitet habe. Es ist auf dem Instagram-Kanal von ukw_hb zu finden.

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