Kind oder Karriere? Viele stehen irgendwann vor der Entscheidung und wählen eine der beiden Optionen. Katharina Meindertsma, Inhaberin des Café nu in Bruchhausen Vilsen, schuf sich einen dritten Weg. Ein Erfahrungsbericht.
Ich habe viele Modelle der Elternzeit kennengelernt - vor allem bei meinen Freunden. Einige haben mindestens ein Jahr, manche sogar drei oder sechs Jahre, mit ihren Liebsten zu Hause verbracht, in Elternteilzeit gearbeitet oder sind ins Ausland umgezogen.
Als ich im Sommer letzten Jahres von meiner Schwangerschaft erfuhr, war ich völlig ratlos. Ich plante, wie einige meiner Freunde auch zu Hause zu bleiben und mindestens ein Jahr nur meiner Familie und dem Baby zu widmen, zu reisen und meinen Kopf für Neues frei zu machen. Aber die Angst, den eigenen Laden während der Schwangerschaft am Laufen zu halten, machte mich sprachlos. Aus diesem Grund erzählte ich zunächst niemandem davon, weder meiner Familie noch meinem Team. Und ich muss zugeben, dass das Schweigen etwas länger anhielt als ursprünglich geplant.
Aus strategischer Sicht hatte das für mich einen einfachen Grund: Die Motivation im Team war nach Corona auf einem Höhepunkt, wir hatten uns auf den Weg zum Fine Dining gemacht. Fünf Gänge inklusive Snacks und Gruß bedeuten insgesamt zwölf Teller pro Gast am Abend - plus Weinbegleitung erfordert monatlich höchste Konzentration, die ich nicht stören wollte. Doch die Norm verpflichtete mich, einen Plan aufzustellen. Deshalb gab ich meinen Kollegen einen Zeitraum an, in dem ich nicht vor Ort sein würde.
Mit "Mutterschutz" und "Elternzeit" kann ich immer noch nicht viel anfangen. Die Definitionen, die dahinter stecken, empfand ich damals als heuchlerisch und auch dieses Mal passen sie nicht zu mir. Wer fragt eigentlich die Mütter nach ihrer Meinung, ob, wann und wie viel Mutterschutz sie brauchen? Schwangere, denen es gesundheitlich schlecht geht, werden direkt von der Arbeit freigestellt - ein Risiko, das dem Arbeitgeber bewusst ist.
Aber Mütter, die später in den Mutterschutz gehen wollen oder Arbeit und Job in Balance halten möchten, überfordern das System. Diese Frauen werden angehalten, zu Hause die Beine hochzulegen, obwohl sie noch gar nicht dazu bereit sind.Wovor sollte ich geschützt werden?, fragte ich mich. Vor meinen lieben Kollegen, die mir ohnehin in jedem Bereich helfen? Vor meinen Gästen, die mir täglich so viel Freude bereiten? Vor gutem Essen, das mir im Restaurant täglich zur Verfügung steht, ohne dass ich mit dickem Bauch am Herd stehen muss?
Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr verkürzte ich meinen Mutterschutz – auf eigenes Risiko. Es war ein Traum für mich. Niemand beschwerte sich, dass ich noch da war, und ich musste niemanden fragen, ob ich noch länger arbeiten durfte. Es gab keine merkwürdigen Blicke, sondern eine lustige Zeit, in der ich am Ende in den engen Gängen als Servicekraft kaum noch taugte und ständig mit meinem Bauch an den Stuhllehnen hängen blieb – vermutlich hätte ich meine Kollegen eher vor mir schützen müssen.
Statt mich abends mit mir selbst zu hadern, philosophierte ich mit meinem Team über moderne Erziehungsmethoden und Kindermenüs im Restaurant beim nächtlichen Aufräumen. Ich bin sicher, dass ich ein Vorbild für die Arbeitsmoral in meinem eigenen Laden war. Im Restaurant gab es große Dankbarkeit dafür, dass ich noch so lange vor Ort war.
Meine Auszeit rund ums Baby hat sich also mehr und mehr meinen Bedürfnissen angepasst und sich mit der Zeit entwickelt. Was diese Gelassenheit bewirkte, war erstaunlich: Ich konnte sogar mit neuen Kollegen bis zum Schluss Schulungen durchführen, Prozesse delegieren und Verantwortung an das Team übertragen.
So ging ich pünktlich in die Betriebsferien und drei Wochen später als nach deutschen Richtlinien in meine persönliche Auszeit. Mit einem guten Gefühl, denn bis dahin hatte ich meine vier festen Mitarbeiter zu Chefs ausgebildet, konnte guten Gewissens sagen, dass das Restaurant auch ohne mich hervorragend läuft und hatte alle auf meiner Seite. Mir ging es gut dabei.
Natürlich haben wir gemeinsam am Angebot gearbeitet und beispielsweise die Weinkarte reduziert. Und bis heute pausiert das Nachmittagsgeschäft. Wann es wieder starten wird, weiß ich nicht. Ich würde sagen: Wenn die Zeit dafür gekommen ist. Aber es ist in Ordnung, nicht auf alles eine Antwort zu haben. Das ist mir im letzten Jahr klar geworden.
Seit einem Monat hat mich der Restaurantalltag regelmäßig wieder. Sogar einen Monat später als geplant. Ehrlich gesagt - Ich habe es genossen, mich im Homeoffice auf die Projekte zu konzentrieren, die ich im Servicealltag nicht mit ausreichender Sorgfalt bearbeiten konnte. Ich liebe meine Arbeit am Schreibtisch nach wie vor. Aber die Sehnsucht nach den Glücksgefühlen im Restaurant schwingt täglich mit. Und wenn ich jetzt am Gast stehe, Weine anbiete, von unseren Partnern und deren Hofgeschichten erzähle, dann bin ich voll dabei – mit allen Sinnen.
Heute freut sich mein Ältester, wenn ich endlich mal wieder zwei Tage am Stück arbeite oder auf Reisen bin – am liebsten samstags, wenn er keine Schule hat. Er meint, die Samstage mit mir zu Hause seien keine normalen Wochenenden. Ich nehme das so hin – wir verbringen ja schließlich auch die Tage unter der Woche intensiv miteinander. Eine kleine Auszeit kann ich ihm wohl nicht übelnehmen – und mir auch nicht.
So lebe ich nun meinen Traum, Familie und Arbeit in Einklang zu bringen. Natürlich gibt es Herausforderungen und manchmal sind die Nächte kurz und die Tage lang, aber ich würde es nicht anders wollen. Ich habe gelernt, dass Flexibilität und Anpassungsfähigkeit Schlüssel zum Erfolg sind, egal in welchem Bereich des Lebens.
Ich freue mich auf die kommenden Jahre, die neuen Herausforderungen und die vielen wunderbaren Momente, die das Leben als Mutter und Restaurantbesitzerin mit sich bringen wird. Ich bin stolz darauf, was ich erreicht habe, und noch stolzer auf das, was ich noch erreichen werde. Und das Wichtigste: Ich genieße jede Minute davon. Denn am Ende des Tages ist es das, was zählt - die Freude an dem, was wir tun, und die Menschen, die wir auf unserer Reise treffen.
Für die Zukunft plane ich, das Restaurant weiterzuführen und dabei immer ein offenes Ohr für meine Mitarbeiter und Gäste zu haben. Gleichzeitig möchte ich meiner Rolle als Mutter gerecht werden und meinen Kindern eine liebevolle und präsente Mutter sein. Es ist ein Balanceakt, aber einer, den ich gerne auf mich nehme. Denn ich weiß, dass ich es schaffen kann – und dass es sich lohnt.
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